Fußnote zur Arbeiterbewegung heute

Die SDP verstand ihre Gründung auch deshalb als Kampfansage an die SED, weil sie ihr die Legitimität absprach, zu behaupten, dass sie aus der Vereinigung der beiden ehemaligen Arbeiterparteien KPD und SED entstanden sei. Meckel sagt dazu: „ Mit dieser Gründung zogen wir gewissermaßen die sozialdemokratische Hand aus dem Symbol des SED-Parteiabzeichens und entzogen der SED ihre ideologische Legitimation.“

Egon Bahr hingegen sieht bis heute im Wiederzusammengehen der beiden Teile der Arbeiterbewegung, die Chance etwas für Frieden, Demokratie und soziale Sicherheit leisten zu können. Er beruft sich dabei auf Willy Brandt, der in der Tat in seiner SAP-Zeit ein solches Zusammengehen für wichtig angesehen hat. Interessanterweise beruft sich Egon Bahr auch auf Gorbatschow, der 1989 in einem solchen Zusammengehen eine Chance zur Überwindung der Systemgegensätze sah. Passend dazu Erich Honecker mit seiner Randnotiz auf dem Entwurf des Streitkulturpapieres: „Dokument wäre von großer historischer Bedeutung – für Diskussion und Aktion der Arbeiterbewegung.“. Für beide scheint bzw. schien die Arbeiterbewegung real zu existieren. Bahr sympathisiert mit diesen Vorstellungen. In seinem Satz „Ich will mein Blut zurück.“ in den 90-ger Jahren als Kommentar zu den Diskussionen um Koalitionen von SPD und PDS gesagt, bezieht er sich ebenfalls auf die Einheit der Arbeiterbewegung.

Nun waren Gorbatschow und Honecker wahrlich keine Sozialdemokraten. Und Egon Bahr alleine ist nicht die SPD, wenngleich er wichtig für sie ist. Er spricht aus, was er denkt und zeigt es so.

Die ideologische Komponente existiert also nach wie vor in der Debatte über den Umgang von ehemaligen Kommunisten und Sozialdemokraten. Und zwar nicht nur bei den Kritikern solcher Art von Koalitionen und möglichen darüber hinaus gehenden Entwicklungen. Sie wird selten ausgesprochen, ob und wie sie den Streitern darüber selbst bewußt ist, mag dahingestellt sein. Aber sie macht eine nüchterne Debatte über das Verhältnis von SPD und Linken so schwer.

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