Griechenland – bitterer werden die Diskussionen

Die politische Lage in Griechenland führt jetzt in meinem griechischen Freundeskreis zu erbitterten Diskussionen. Die Argumente verengen sich, und die Debatte verhärtet.

Da sind die einen, die beklagen das Zusammengehen mit den rechten Populisten und Rechtsradikalen. Ihnen wird entgegengehalten, dass dies so nicht stimme. Kammenos sei nicht die Morgenröte: die sei wirklich rechtsextrem. Doch die Medien würden das nicht richtig zeigen.


Da wird beklagt, dass Tsipras Geschenke verteilt, die er nicht bezahlen kann: die Rücknahme der Kürzungen bei den Renten, die Wiedereinstellung ehemals entlassener Staatsbediensteter. Dem wird entgegengehalten, dass das nur ganz wenige seien, Pförtner und dergleichen. Die verursachten keine hohen Kosten. Im übrigen zeige Tsipras durch den Wegfall von 7 Ministerien, wie er sparen kann. Dass eine Zusammenlegung von Ministerien keinen Deut an den Verwaltungsstrukturen ändert, sondern lediglich eine Duftnote ist, deren finanzieller Effekt sich vielleicht im Promille-Bereich bemerkbar macht, das will man nicht wissen.


Dann kommt die Rede auf die Schulden, und den finanziellen Verpflichtungen gegenüber der europäischen Union. Da heißt es plötzlich, dass Tsipras gesagt habe, ohne die Zinszahlungen könnte der griechische Sozialstaat und die Rücknahme der sozialen Kürzungen locker bezahlt werden. Sicher das mag sein. Und ein Traum schimmert durch, einfach auf die Zinsen verzichten, und alles ist wieder in Ordnung.

Und dann immer wieder: Das Volk wollte die Alten politischen Kräfte nicht mehr. Das ist übrigens das heftigste Argument, das immer wieder zu hören ist. So, als ob dieser Wille sakrosankt sei, als ob man darüber gar nicht diskutieren könne. Dieses Argument steht im Zentrum der Argumentationen, mit der Tsipras Maßnahmen immer wieder verteidigt werden. Auf den Vorhalt hin, dass die Politik von Tsipras doch wohl scheitern würde, weil auch er nur verspricht, was er nicht halten kann, folgt dann ein trauriges Kopfnicken.


Das griechische Schicksal, eine griechische Dauertragödie. Stolz sind sie, die Männer von Tsipras. Das Volk liebt sie, und doch werden sie scheitern. Weil das Schicksal gegen sie ist. Jetzt trägt sie das Volk, wenn sie scheitern, wird das Volk sie fallenlassen. Was das Volk tut, ist Gesetz. Kritik verboten.


Doch ist es nicht das Denken des Volkes, bzw. jener Wähler, die Tsipras hierin geführt haben? Kann man es sich wirklich so einfach machen, und die Wähler von jeder Verantwortung für die verführerische Politik von Tsipras freisprechen? Sicher kann man sich die Zusammenhänge erklären. Das ist ja gar keine Frage: Die Korruption und Vetternwirtschaft der alten politischen Kräfte, die sozialen Härten, die hohe Arbeitslosigkeit, der Zusammenbruch der alten wirtschaftlichen Strukturen, die scheinbare Hilflosigkeit und der Mangel an Courage, den Milliardären, bspw. den Reedern wirklich an den Geldbeutel zu gehen. Das ist alles richtig.


Doch bei allen Härten, die alte Regierung hatte auch Erfolge. Ein neuer Mittelstand zeigt sich in Ansätzen. Der finanzielle Druck auf Griechenland hatte begonnen abzunehmen.

Die ersten Maßnahmen von Tsipras und Kammenos haben ihn wieder steigen lassen. Wie sie die Verwaltung reformieren wollen, die eigenen Steuereinnahmen verbessern, ist nur in Absichtserklärungen zu erkennen, deren substantieller Wert sich erst im Regierungshandeln zeigen kann. Vorher ist gar kein Geld da, um soziale Wohltaten zu finanzieren.


Tsipras kann mobilisieren. Und er lenkt ab, und deutet jetzt schon auf die Schuldigen, wenn er keinen Erfolg hat. Doch nicht die EU ist schuld an der griechischen Misere, im Gegenteil, sie hat geholfen. Nicht Deutschland hat Griechenland in den Abgrund gestoßen, indem es sich bspw. weigere seine Kriegsschulden zu begleichen. Deutschland ist der größter Geldgeber für die Griechen.


In meinen Augen ist Tsipras, der Hoffnungsträger so vieler Griechen ein Demagoge. Wie er sich verhalten wird, wenn die ersten Niederlagen in Griechenland in politischen Gegenwind umschlagen, kann man nur befürchten.

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