Die menschliche Komödie von Balzac

Erst jetzt habe ich die großartige Literatur von Honoré de Balzac entdeckt. Menschliche Komödie nennt er seine vielen Romane über die Große Französische Revolution, in denen  er, nach seinen eigenen Worten, diese Revolution zum Sieg führen will. Das kann nur ironisch gemeint sein.


Dieser Literat hat vieler Menschen Begeisterung erzeugt. Stefan Zweig steht hier neben Friedrich Engels. Es sind große Romane, die Balzac geschrieben hat. Für Stefan Zweig ist er der größte Romancier, den unser Kulturkreis hervorgebracht hat. Vor Jahrzehnten habe ich mal in einem Film gesehen, wie Balzac sich vor seinen Gläubigern versteckend, denn er muss ständig verschuldet gewesen sein, nachts, wenn alle anderen sich zur Ruhe legten, begann, mit Kaffee bewaffnet seinen Phantasien freien Lauf zu lassen und bis in die Morgenstunde schrieb. Das beschreibt auch Stefan Zweig. Balzac habe geschrieben, bis ihm die Augen tränten, bis ihm die Feder von alleine schrieb.


Alles, was ich bisher von Balzac las, gestern Abend beendete ich „Die Königstreuen“ ist von Leidenschaft und Gefühlen geprägte Literatur. Und sie spielt gleichzeitig in einem epochalen Umbruch, den die Französische Revolution nun mal darstellte. Ich weiß nicht viel darüber, wenn auch vielleicht mehr, als die meisten meiner Mitbürger, doch gerade das ist nicht viel. Und was ich weiß, sind die historischen Daten, die politische Bedeutung, sind die Namen einiger handelnder Personen. Balzac schildert die Gesellschaft. Er zeichnet die Menschen, ihren Glauben, ihre Überzeugungen, ihre Standpunkte und ihr Verhalten. „Nichts Menschliches“, wie Goethe sagen würde, ist ihm fremd. Man kann viel lernen dabei.


Es sind nur wenige Jahre, die diese Revolution dauert, bis mit Napoleon zwar die Monarchie nicht eingeführt wird, aber doch der alte Adel wieder in die Gesellschaft eingegliedert wird. Von der Revolution ist nichts übrig geblieben, als die Trümmer der alten Gesellschaft, und die Grabsteine, auf denen die Namen der großen Revolutionäre stehen. Mit was für Hoffnungen war diese Revolution gestartet. In welchem Desaster hat sie geendet. Und doch hat sie die Welt umgekrempelt. Das ist es, was mich am meisten fasziniert: wie ein historisches Ereignis neue Fakten schafft, gesellschaftlichen politischen Fortschritt, und gleichzeitig seine Macher eliminiert. Erstaunlich, dass ein Fouché als einer der erfolgreichsten und dauerhaftesten Charaktere dieser Revolution gelten kann.


10 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille, gibt es keinen Jakobinerclub mehr, keinen Danton, keinen Robespierre, keinen Saint Just. Da ist die Zeit des Nationalkonvents schon wieder zu Ende. Da gibt es nur noch den einen Mann, der alles lenkt und sich anschickt mit seinem Genie nicht nur Frankreich, sondern auch Europa zu unterwerfen. Das mag ein Ersatz sein. Mich macht es traurig. Eine neue Zeit war gekommen, sicher. Auch wenn die Restauration nicht aufzuhalten war, Menschenrechte, Freiheit und Demokratie haben sich durchgesetzt. Doch diejenigen, die dafür gefochten haben, waren tot; auch wenn sie sich selber umgebracht haben. Auch wenn sie eine Spur des Todes in Frankreich hinterlassen haben. Wie das alles zusammenhängt, mich macht das immer wieder sprachlos.


Und Balzacs Romane spielen in der Zeit. Sie erhellen die Charaktere, in ihnen spiegelt sich die Gesellschaft. Sie kommt aus der unbekannten namenlosen Vergangenheit für einen kleinen Moment zum Vorschein uns zur Lehre, zur Unterhaltung und zur Anschauung.  

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