Die Ambivalenz der 89-ger Zeitzeugenschaft 

So gerne ich als Zeitzeuge unterwegs bin, diese Woche waren es sogar zwei Auftritte, so bleibt doch jedes Mal ein ganz kleiner, bitterer Nachgeschmack.


Die Rede von den alten Zeiten, großer Geschichte, von Einfluss und Macht, von Begeisterung und Erfolg, bringt unausgesprochen auch die anschließenden Zeiten der allmählichen Ausgrenzung, der anschließenden Isolierung ins Bewusstsein.


Ist die Geschichte über mich hinweg gegangen ? Hätte es eine Chance gegeben, im mainstream der Politik zu bleiben? Habe ich Fehler gemacht?


Es gibt nicht wenige, die das so sehen.


Nun ist ja die Fähigkeit zur Distanz zu sich selber, also sich selber in Frage stellen zu können, zweifelsohne wichtig. Doch geht es hier nicht darum sich selber anzuknurren.

Andererseits geht es auch nicht darum, in den alten Mitstreitern heute nur noch Bösewichter zu erkennen.


Die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur hat mich geprägt und ich bekenne mich dazu. Was mich in die Politik gebracht hat, hat mich auch wieder herausgedrängt. Politik ist kein Selbstzweck. Wer einmal politisch war, wird das nicht mehr ablegen. Doch politisch sein, heißt nicht automatisch Berufspolitiker sein zu müssen. Politik und Macht sind bei allen Zusammenhängen doch auch streng voneinander zu  unterscheiden.


Allerdings muß man auch ohne Macht leben können. Vor allem muß man damit leben können, dass das eigene Land sich auf Abwegen befindet.


Und der Kummer darüber ist kein Selbstzweck. Vielleicht eher eine Aufforderung ihn ins Produktive zu wenden.  

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