Griechische Perspektive - Tsipras und das Referendum

Ökonomie und Politik sind nirgendwo zu trennen. Auch in Griechenland nicht.


Die Sache ist im Grunde einfach. Sie ist eine Frage der Leistungsfähigkeit der griechischen Volkswirtschaft und der zu schulternden Schuldenlast.


Griechenlands Leistungsfähigkeit rangiert deutlich unter der anderer, vergleichbarer EU-Mitgliedsstaaten. Das gilt insbesondere für die €-Länder.


Normalerweise wertet man in solchen Fällen ab. Der Wechselkurs ist ein guter Maßstab für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.


Der Euro erlaubt das nicht. Hier müssten drastischere Instrumente her. Das sind vor allem eine Senkung der Einkommen, also Löhne, Gehälter und Renten.


Die Schuldenlast wiederum ist mit 300 Mrd. € so hoch, dass Griechenland die wohl nicht alleine tragen kann. Denn jeder Erholungskurs droht durch Tilgung und Zinsdienst aufgefressen zu werden.


Damit ist klar, dass ohne einen Schuldenschnitt Griechenland nicht wieder auf die Beine kommt.


Darüber hinaus hat es zwei Möglichkeiten. Entweder es kehrt zur Drachme zurück. Dann müssen keine weiteren Sozialeinschnitte vorgenommen werden. Alleine die dann steigenden Kosten für Lebensmittel, Arzneien und vor allem Energie werden bittere Folgen für den Lebensstandard haben. Andererseits hilft das der heimischen Wirtschaft. Die griechische Wirtschaft kann auf Wachstumskurs kommen, was Luft für die Reformen des Staates schafft und so auch zu einer Stabilisierung und langfristigen Verbesserung der sozialen Lage führen wird.


Oder Griechenland bleibt beim Euro. Dann muß die notwendige Anpassung an die Leistungsfähigkeit der anderen €-Staaten über die Einkommen vorgenommen werden. In beiden Fällen wird der Lebensstandard der Griechen sinken. Die Frage ist nur, welcher Kurs ist politisch durchsetzbar.

Ganz gleich wie das Referendum ausgeht, eine neue ökonomische Lage wird dadurch nicht geschaffen.


Tsipras hat diese Zusammenhänge gegenüber seinen Anhängern geleugnet. Allerdings hatte er Recht, was den Schuldenschnitt betrifft.


Und man muß in diesem Zusammenhang festhalten, dass auch die EU eine erhebliche Verantwortung für die in Griechenland entstandene ökonomische Lage zukommt. Denn als die Krise begann, wußten IWF und EU im Grunde, dass Griechenland seine Schulden nicht würde meistern können. Doch damals ging es nicht nur um Griechenland, sondern auch Italien, Spanien und Portugal. Und deshalb waren EU und IWF bereit, Griechenland sozusagen mitzuschleppen als Preis für die Konsolidierung der Währung in den anderen drei Ländern.


Diesen hat es geholfen. In Griechenland aber ist die Krise verschärft worden.


Das hat u.a. dazu geführt, dass Tsipras an die Macht kam. Denn sein Hauptargument, dass die Strategie von EU und IWF nicht aufgeht, entsprach schließlich den Realitäten.


Allerdings hatte Tsipras keine bessere Antwort als seine Vorgängerregierungen. Denn wie gesagt, eine ökonomische Lösung für Griechenland ohne Senkung des Lebensstandards, entweder direkt durch Senkung der Einkommen oder als Folge die Wiedereinführung einer eigenen Währung gibt es nicht.

Auf griechischer Seite wird nur eine Regierung eine Chance haben, Griechenland wieder auf Wachstumskurs zu bringen, die sich diesen Realitäten stellt. Dann macht auch ein Schuldenschnitt Sinn.


Was wir jetzt mit dem Referendum erleben, ist ein verzweifelter Tsipras, der versucht das griechische Volk in Geiselhaft für seinen Irrtum zu nehmen.


Sollten die Griechen mit Nein stimmen, sind wirtschaftliches und finanzielles Chaos die Folge. Dann können wir hier Care-Pakete für die Griechen packen.


Sollten sie mit Ja stimmen, müßte Tsipras eigentlich zurücktreten. Wenn er es nicht tut, ist das so, als ob die Griechen mit Nein gestimmt hätten. Oder Tsipras stellt sich den ökonomischen Realitäten. Aber da wird ihm wohl das Parlament nicht folgen.

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