Ostalgie und Pegida

Beides, Ostalgie und Pegida wurzelt in einem nicht entwickelten Verstehen dafür, was der Westen ist und was er kann.

Der Ostalgie liegt eine geheime Sehnsucht nach der bekannten, z.T. verhassten und dennoch vertrauten heimatlichen Umgebung der alten DDR zu Grunde als Folge der so schwer zu bewältigenden Herausforderungen im Deutschland der Nachwendezeit Anerkennung in Form von sozialem Status, Einkommen und Respekt für die eigene Lebensleistung und Identität als ehemaliger Bürger in der DDR zu finden. Die gleichen Leute, die die DDR nicht schnell genug loswerden konnten, fühlten sich im vereinigten Deutschland nicht wohl. Sie haben es nicht verstanden. Sie waren ja auch faktisch über Nacht aus einer abgeschlossenen, abgeschirmten und verantwortungsarmen in eine vergleichsweise weltoffene und den westlichen Standard mitbestimmende bundesdeutsche Gesellschaft geworfen worden, deren Modernisierungs-Phänomene, wie etwa Homosexualität, Gender-Mainstreaming, Umgang mit Ausländern, Umweltschutz, sie nicht nachvollzogen haben. Man kann es auch so sagen, der Zusammenhang zwischen den Grundwerten unserer westlichen Gesellschaft und ihrer innovativen und kreativen Lösungskompetenz für die Probleme unserer Zeit ist nicht begriffen worden. Dabei handelt es sich um einen offenkundigen und bereits sehr alten Mangel an Aufklärung, der m.E. über die DDR hinausreicht.

Das innere Einigeln dieser ostalgischen Strukturen ist durch die Erscheinungen des Islamismus neu herausgefordert worden. Statt auf Verstehen, dem Vertrauen auf die Durchsetzbarkeit der eigenen Werte von Freiheit und Toleranz, auf Rechtsstaat und Menschenrechte zu setzen, machen sie deren Vertreter für die islamistischen Gefahren in der Bundesrepublik verantwortlich, indem sie ihnen Verharmlosung und Anbiederung vorwerfen. Sie fühlen sich angesichts der drohenden Gewalt islamistischer Terrorstrukturen von ihrer eigenen Gesellschaft im Stich gelassen, deren Entwicklung sie sowieso skeptisch betrachten. In ihren eigenen Augen wächst ihnen nun die Verantwortung zu, Deutschland selber zu schützen. Sie haben also begonnen, die öffentliche Bühne zu betreten.

 

Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. In dem sie öffentlich werden, machen sie sich erkennbar. Doch wenn es nicht gelingt, die Lösungskompetenz unserer westlichen Gesellschaft gegenüber ihren panischen Angststrukturen herauszustellen, werden sie mit ihren Anhängern die praktischen Lösungen unserer Integrationsaufgaben erschweren.

Text entstand auf Bitten von Luzie Kromer, Mitherausgeberin eines E-Book am Politologielehrstuhl der Universität Passau zur Beschreibung des Phänomens Verklären eines Weltbildes im Rahmen des aktuellen Hauptseminars "Welt(bilder)" von Dr. Michael Weigl

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