Politik kann Spaß machen

Ich zumindest habe diese Erfahrung gemacht. Und da bin ich wohl auch nicht der Einzige. 

Das lag nicht am relativ einflußreichen Job eines Abgeordneten. Der hat mich nur unabhängig gemacht. Das lag an den vielen Möglichkeiten des eigenen, selbständigen Agierens. Möglichkeiten, die ich mir erarbeitet habe, an die ich geglaubt habe, und die für mich die Lebendigkeit der Demokratie immer wieder neu unter Beweis gestellt haben. 

Doch ich stand mit meiner Einstellung zunehmend allein. 

Viele meiner Ost-Kollegen in der Fraktion beklagten sich über Zwänge, ihre Einflußlosigkeit und westliche Dauerredner. 

Und dies korrespondierte mit einer Veränderung vor Ort in der ostdeutschen Provinz, in den Gremien und den Ortsvereinen der frisch gegründeten Ost-SPD. 

 

Das hat mir zu Denken gegeben. 

 

Neulich habe ich mit  meiner ehemalige Mitarbeiterin in Lauchhammer lange darüber gesprochen. Sie erzählte, dass die Mitarbeit in der damaligen SDP (so hieß die Ost-SPD anfangs) im ersten Jahr richtig Spaß gemacht hat. Man konnte diskutieren, seine Meinung sagen, es wurde demokratisch abgestimmt. Doch ab 1991 kam ein neuer Stil auf. Kungelrunden bildeten sich. Meinungen wurden taktisch vertreten. Wahlentscheidungen wurden vorher abgesprochen. Es gab keinen offenen Meinungsaustausch mehr. Die Diskussionen wurden fad, formal und langweilig. 

 

Die SDP wäre eine Totgeburt gewesen, hätte sie diesen Stil von Anfang an praktiziert. Für die SDP war das Bekenntnis zur Demokratie essentiell. Das demokratische Prinzip war eines unserer Erfolgsgeheimnisse. Wären wir als Kaderpartei aufgetreten, hätten wir uns gar nicht zu gründen brauchen. 

 

Und der Erfolg gab uns Recht. Die Attraktivität der SDP ergab sich auch aus der Gleichberechtigung ihrer Mitglieder, der Offenheit der Diskussion einerseits und der Personal- und Sachentscheidungen andererseits. 

 

Doch dieses Prinzip rückte in den Hintergrund. Und es gab zu wenig Kräfte in der SDP, denen die Bedeutung dieses Prinzips eingeleuchtet hat und die es zu verteidigen wußten. 

 

So ödete die Partei aus. So stellt sie sich heute in der Regel dar. 

 

Doch es funktioniert. Man muß sich nur trauen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0