Ostdeutsche Unschärfe

Manches hört sich an wie Humor, ist aber traurig gemeint. Lustig wirkt, was bitterernst daherkommt.


Viele Ostdeutsche vergleichen gerne Merkmale unserer Zeit mit ihren Erfahrungen aus DDR-Zeiten. Bekanntlich haben in der DDR die Menschen gelernt sich zu verstecken, ihre Gedanken, auch ihre Gefühle. Dieses Verstecken ist ihnen ein Merkmal des Systems geworden, nicht ihres eigenen Verhaltens. Es ist ihnen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie gar nicht mehr wissen, dass sie es waren, die sich versteckt haben, die sich den Mund zugehalten haben, die innerliche Tabus und Zwänge aufgerichtet haben.


Manchmal tritt das heraus. Und manchmal auf so unmittelbare Weise, dass ich  laut los lachen könnte.


Und dann muß ich aufpassen, dass ich den Menschen nicht zu nahe trete. Sie könnten beleidigt sein, weil ich sie nicht ernst nehme.


Es ist eben ein Unterschied, ob ich mich unterordnen lasse, oder dagegen stemme. Ersteres ist passiv, erduldend, letzteres ist aktiv. Mit vielen Ostdeutschen brauchst Du heute noch nicht darüber zu reden, welche Strategie wohl die bessere sei. Sie werden Dich noch immer ratlos angucken, als ob sie Dich fragen wollten: „Von welchem Stern kommst Du eigentlich?“


Unterordnung ist nicht die Geburtsstunde der Persönlichkeit. Unterordnung ist Deformation. Wir müssen nicht Kohlhaas spielen, wenn wir uns gegen die Repressionsmerkmale unserer Zeit auflehnen. Wir können das auch klug machen. Doch wer sich nicht auflehnt, der stößt erst gar nicht auf diese feine, aber wichtige Differenzierung. 

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